„Die Genussregion tut uns gut“

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich besuchte die Bioland-Imkerei von Josef Muhr in Prackenbach.

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich und Imkermeister Josef Muhr tauschen sich über Regionalität aus

Prackenbach. Der Bezirk Niederbayern hat zusammen mit dem Amt für Ländliche Entwicklung 2020 die „Genussregion Niederbayern“ ins Leben gerufen. Nun besuchte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich die Bioland-Imkerei von Josef Muhr in Prackenbach, um sich mit ihm über Regionalität auszutauschen.
Zunächst gab ihm Muhr Einblicke in sein Unternehmen, das von der Größe her mit einem landwirtschaftlichen Milchvieh-Vollerwerbsbetrieb mit etwa 100 Tieren vergleichbar ist. 17 Mitarbeiter beschäftigt der 35-Jährige, der mit 20 Jahren die Imkerei aufbaute. Heute hat er rund 400 Bienenvölker und verkauft seinen Honig zu 30 Prozent an die Endverbraucher. 40 Prozent gehen an kleine Einzelhandelsgeschäfte wie etwa Bioläden, 20 Prozent an den großen Einzelhandel. Rund 10 Prozent seines Honigs kommt in den Hotels der Region auf den Frühstückstisch. „Der Absatz von deutschem Honig an sich ist kein Problem mehr, da der deutsche Honig nur ein Drittel des Bedarfs decken kann und die Verbraucher zunehmend auf Regionalität achten“, so der Imker. Doch dem Honig werde oft noch nicht der Preis beigemessen, den er hat. „Unter sieben Euro darf ein 500-Gramm-Glas nicht mehr kosten, für Bioqualität müssen es mindestens acht Euro sein“, erklärte Muhr. Er hat sich vor Jahren bewusst für das BIOLAND-Siegel entschieden, da es das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweise und bei den Verbrauchen einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Zudem findet er sich und seine Arbeitsweise in den BIOLAND Richtlinien am besten wieder. „Demeter ist wirtschaftlich extrem schwierig umzusetzen und das normale EU-Biozertifikat ist fast nichts mehr wert, da es mittlerweile bei den Verbrauchern keinen so hohen Stellenwert mehr hat.“ Die Vorschriften, die er für das BIOLAND-Siegel einhalten muss, betreffen etwa Biozucker als Futter für die Bienen zu verwenden, der das Dreifache des herkömmlichen Zuckers koste, sowie die Bienenvölker gegen Schädlinge wie die Varroa-Milbe nur mit Biotechnik zu bekämpfen. Zudem ist die Bearbeitung der Bienenvölker unter tierethischen Gesichtspunkten zu bewerkstelligen. „Das bedeutet für uns höheren Aufwand bei der Bewirtschaftung der Bienenvölker, unter Umständen auch höhere Winterverluste und damit höhere Kosten, die wir über den Verkauf wieder reinbringen müssen.“ Da 95 Prozent aller Imker in Deutschland die Imkerei als Hobby betreiben und ihren Honig oft unter Wert verkaufen, sei ein angemessenes Preisniveau für die Nebenerwerbs- und Vollerwerbsbetriebe schwierig zu erreichen.
Die Imkerei werde zwar von der Politik als Teil der Landwirtschaft betrachtet. „Das gilt für alles, nur nicht für die Förderung. Wir bekommen jährlich einen Investitionszuschuss von rund 7.500 Euro, das war’s.“ Josef Muhr plädiert deshalb für eine Völkerprämie für öko-zertifizierte Nebenerwerbs- und Vollerwerbsbetriebe ähnlich wie in Österreich, wo man kürzlich 35 Euro pro Volk im Jahr eingeführt habe.  Schließlich sei die Biene bekanntermaßen das wichtigste Nutztier überhaupt.
Seine Völker hat Josef Muhr die meiste Zeit des Jahres im Landkreis Regen platziert. Beginnt im Frühjahr dann in anderen Regionen die Blüte von Raps, Akazien, Kornblumen oder Kastanien, dann gehen die Völker auf Reisen. Ab einer größeren Völkerzahl müsse man von Tracht zu Tracht wandern, um die Wirtschaftlichkeit des Betriebs zu sichern und den Bienen ganzjährig ein gutes Nahrungsangebot bieten zu können. Nur so kann man auch in „sehr schlechten Honigjahren wie 2021“ zumindest ein bisschen Honig ernten. Uns ist außerdem eine breite Palette an unterschiedlichem Honig wichtig, damit wir uns von anderen Produzenten im Einzelhandel abheben können.“ Geschleudert wird der Honig dann zuhause in Prackenbach, wo es zunehmend eng wird für den wachsenden Betrieb. Deshalb ist man derzeit auch auf der Suche nach Gewerbeflächen in der Umgebung.
Um die Wertschätzung der Menschen für regionale Produkte wie Honig zu steigern, sei die Initiative des Bezirks sehr wichtig. „Die Genussregion tut uns gut“, sagt Muhr und verweist auf das Arberland-Premium-Siegel sowie das Netzwerk „LandGenuss Bayerwald“, von denen er auch bisher schon profitiere.
Olaf Heinrich war zudem beeindruckt von den weiteren Standbeinen des Betriebs. Der Vertrieb von Imkereibedarf, überwiegend im Versandgeschäft, macht 80 Prozent des Firmenumsatzes aus. Damit ist Muhr in dieser Branche der größte Hersteller in Süddeutschland. Wie etwa die Wachsplatten entstehen, konnte Heinrich live miterleben und erfuhr dabei auch von der Kreislaufwirtschaft, indem die Imker ihr Wachs wieder an Muhr zurückliefern, der daraus neue Wachsplatten produziert. Während das Honiggeschäft stark von der Witterung abhängt – heuer war die Ernte schlecht – ermöglicht der Imkereibedarf ein kontinuierliches Wachstum. Derzeit hat Josef Muhr sogar zwei Azubis im Betrieb.
Neben der Genussregion Niederbayern erläuterte Olaf Heinrich auch das Konzept Regio 2030, bei dem sich der Bezirk vorgenommen hat, die Verwendung von regional produzierten Lebensmitteln auch in Bioqualität in den Bezirkseinrichtungen schrittweise zu erhöhen – bis 2030 auf mindestens 30 Prozent an regionalen Produkten und 30 Prozent an Bioprodukten. Josef Muhr begrüßte dies: „Das ist die Richtung, in die es gehen muss. Wenn sich auch öffentliche Einrichtungen zunehmend umstellen, können wir in dem Bereich schnellere Schritte tun.“


Im Bild: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich besuchte die Bioland-Imkerei von Josef Muhr in Prackenbach.

Foto: Lang / Bezirk Niederbayern