Erfolgreicher Genossenschaftstag in Malgersdorf

Podiumsdiskussion, Impulsvortrag und praktische Beispiele: Besucher erhalten umfassenden Einblick in die Welt der Genossenschaften 

Malgersdorf.
Die Malgersdorfer Dorfgenossenschaft „Da Beck“ gilt bereits zwei Jahre nach ihrer Gründung als Erfolgsgeschichte: knapp 800 Mitglieder, insgesamt 26 Mitarbeiter, zertifizierter Ausbildungsbetrieb, stetige Umsatzsteigerungen. Dabei war die Idee einer Dorfgenossenschaft 2023 aus der Not heraus geboren. Der im Ortskern ansässige Bäcker stellte seinen Betrieb ein, ein neuer Investor blieb aus. Da entschlossen sich Gemeindeverwaltung und Bürgerschaft kurzerhand, ihren „Beck“ mit einem genossenschaftlichen Modell zu retten. Bereits bei der Gründungsversammlung traten hunderte Mitglieder bei, die Zahl wuchs beständig. Heute belebt der Lebensmittelhandel mit eigener Bäckerei den Ort Malgersdorf und sichert erfolgreich die Nahversorgung mit Lebensmitteln. 

Wegen dieses herausragenden Beispiels genossenschaftlichem Engagements, fand der diesjährige Genossenschaftstag des Bezirks Niederbayern in Malgersdorf statt. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich: „Was sich hier in den letzten Jahren entwickelt hat, ist ein Musterbeispiel dafür, wie ein ganzes Dorf aktiv wird und eine Dynamik entwickelt, die sich noch nicht einmal der optimistischste Bürgermeister hätte träumen lassen.“ Malgersdorfs Bürgermeister Franz Josef Weber zeigte sich ebenso höchst zufrieden mit dem Projekt. „Die Menschen brauchen eine Beziehung zu solchen Projekten und bei uns haben sie gespürt, dass sich etwas tut. Seitdem wird ‚da Beck‘ sehr gut angenommen und fördert den Zusammenhalt in unserer Gemeinde.“ 

Die Relevanz von Genossenschaften machte dann Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich bei seinem Grußwort deutlich: „Heute gibt es drei Millionen Genossenschaften weltweit, in ihnen sind rund eine Milliarde Menschen Mitglied. Deutschland zählt etwa 5.000 Genossenschaften, in Bayern sind es 1.200.“ Es passe gut, dass die Vereinten Nationen das Jahr 2025 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen haben, um auf ihre weltweite Bedeutung aufmerksam zu machen. „Denn: Genossenschaften eignen sich hervorragend, um die eigene Heimat zu gestalten. In Indien genauso wie in Niederbayern.“ 

In seinem Impulsvortrag ging Franz Penker, Regionaldirektor im Genossenschaftsverband Bayern, unter anderem auf den Gründungsprozess von Genossenschaften ein. Der bestehe im Kern aus sechs Phasen. Am Anfang stehe immer die Idee, die bestenfalls einen Nutzen für die Allgemeinheit bringen muss, so Penker. Dann brauche es einen Geschäftsplan, der detailliert die Geschäftsidee und die Ziele der Genossenschaft beschreibt. Später folge die Satzung. Sie ist die innere Verfassung der Genossenschaft und lässt sich je nach Geschäftsziel individuell ausgestalten. Als vierten Schritt des Gründungsprozesses steht laut Penker die Gründungsversammlung an. Sie sei der erste große Meilenstein in der Geschichte einer neuen Genossenschaft. Dabei beschließen alle Mitglieder formal die Gründung und unterzeichnen die Satzung. Außerdem werden Vorstand und gegebenenfalls Aufsichtsrat gewählt. Dann folge die Gründungsprüfung in Form einer gutachterlichen Stellungnahme zu Chancen und Risiken, die vom zuständigen genossenschaftlichen Prüfungsverband durchgeführt wird. Und als letzten Schritt im Gründungsprozess stehe der Eintrag ins Registergericht. Ist dieser finale Akt vollzogen, kann die Genossenschaft ihren Betrieb aufnehmen. 

Nach der theoretischen Einführung in die Welt der Genossenschaften lernten die Besucher des Genossenschaftstages erfolgreiche Projekte kennen. Neben der Dorfgenossenschaft „Da Beck“ aus Malgersdorf, vorgestellt vom Vorsitzenden Manfred Sperl, berichtete Michael Breu über die Nahwärme Rattenberg e. G., eine genossenschaftlich organisierte Nahwärmeversorgung. Der stellvertretende Vorstand Joachim Walther sprach als drittes positives Beispiel über die Senioren-Wohnen-Mitterskirchen e. G, die Senioren eine Wohngemeinschaft biete und damit eine echte Alternative zu stationären Pflegeeinrichtungen darstellt. 

Moderiert vom Geschäftsführer des Niederbayern-Forums Dr. Reinhard Saller rundete eine Podiumsdiskussion den Genossenschaftstag ab. Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich sprach dabei über das große Potenzial von Genossenschaften. „Sie liefern viele Antworten auf Fragen unserer Zeit.“ Ein Beispiel sei die Energiegewinnung: Spätestens der russische Überfall auf die Ukraine habe gezeigt, dass heimische Energie die sicherste und oft auch preiswerteste Alternative sei. Das könnten Genossenschaften leisten. Albert Griebl, Bezirkspräsident für Niederbayern im Genossenschaftsverband, appellierte in seinen Ausführungen an die Politik. Sie müsse die Leitplanken vorgeben, innerhalb derer sich die Genossenschaften frei bewegen können sollten. Es müssten Selbstverwaltung und Selbstverantwortung ermöglicht werden. Gerade auf dem Land sei dies entscheidend, damit sich Bürger selbst helfen könnten. Max Riedl, Gründungsberater des Genossenschaftsverbands richtete seinen Fokus auf die Nutznießer von Genossenschaften. Die Menschen, die davon profitieren, müssten sich beteiligten. Viele Kommunen stünden vor finanziellen Problemen, müssten aber gleichzeitig mehr Aufgaben übernehmen. Hier könnten Genossenschaften Abhilfe schaffen, es brauche mehr Engagement.


Im Bild: Nahmen am Genossenschaftstag 2025 teil: Albert Griebl, Bezirkspräsident für Niederbayern beim Genossenschaftsverband Bayern (v. l.), Geschäftsführer des Niederbayern Forums Dr. Reinhard Saller, Johann Luger, Bürgermeister der Gemeinde Gerzen, Joachim Walther, stv. Vorstand der Senioren-Wohnen-Mitterkirchen e. G., Max Riedl, Gründungsberater des Genossenschaftsverbands, Michael Breu, Vorstandsvorsitzender Nahwärme Rattenberg, Manfred Sperl, Vorsitzender Dorfgenossenschaft Malgersdorf, Franz Penker, Regionaldirektor im Genossenschaftsverband Bayern, Mia Goller, MdL, Bezirksrätin Hannelore Langwieser, Malgersdorfs Bürgermeister Franz Josef Weber, Anna Nagl, Bürgermeisterin der Gemeinde Falkenberg, und Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. 

Foto: Bezirk Niederbayern, Korbinian Huber