50 Jahre Geschichte eines Heimatmuseums in fünf Stationen und einigen Anekdoten

von Dr. Martin Ortmeier

Fünfte Station: Erlebnis und Bildung im Fokus

Foto: Freilichtmuseum Massing, Dr. Martin Ortmeier

Museumspädagogisches Personal und der Pädagogik dienende Räume gehören zur Grundausstattung eines fachlichen Museums. Im Jahr 2008 hat auch das Freilichtmuseum Massing die Museumspädagogik in qualifizierte Hände gegeben.

Der Ausbau des Heilmeierhofs zum Museumspädagogischen Zentrum des Freilichtmuseums geschah auf Initiative der Museumspädagogin Roswitha Klingshirn binnen weniger Jahre: 2010–2012 Errichtung eines Wasch- und Backhauses, 2013–2014 Sanierung und Umbau des Austragshauses zu einer alten Kramerei, 2016–2017 Neubau einer Schulstube als Anbau an das Haupthaus. Die Europäische Union hat alle Schritte aus ihren Strukturfördermitteln unterstützt. Im Ersten Bürgermeister der Marktgemeinde Massing Josef Auer, der selbst von Beruf Pädagoge ist, hatte die Bildungsorientierung des Museums einen Fürsprecher gefunden.
Seitdem hat die Museumspädagogik im Freilichtmuseum Massing Jahr für Jahr ihr Angebot erweitert: Eine Geocashing-Route lockt technikaffine Kinder ins Museum, ein Besuch in der alten Kramerei regt alte Menschen zu Erinnerungen an, der Puppenwaschtag macht Freude und vermittelt beiläufig Wissen über den harten Hausfrauenalltag früherer Zeiten. Brotbacken für Kinder, gefahrene Führung auf dem Traktoranhänger, ein ländlicher Schultag in alter Zeit, Kennenlernen der Pflanzenvielfalt in einer bäuerlichen Welt – das Angebot des Museums ist dicht und vielfältig geworden.

Unter dem Titel Literaturfreitag im Museum hat das Freilichtmuseum Massing seit 2002 jedes Frühjahr in der Wirtsstube des Heilmeierhofs drei Abende mit Lesungen regionaler Literatur, Livemusik und Bewirtung veranstaltet. Partner war das Kulturreferat des Bezirks Niederbayern. Jedes Jahr stand unter einem lose bindenden Motto, das Wort Heimat war gesetzt. So lauteten Untertitel etwa „Heimat ohne Wein und Nachtigallen“ (nach Hans Carossa) oder „Heimat zwischen Kanapee und Kegelbahn“ (nach Max Unold). Diese Abende – die Wirtstube war zumeist gedrängt voll – trugen mit jeweils kaum mehr als 50 Gästen wenig zu den Besucherzahlen des Museums bei, aber sie förderten seine öffentliche Wahrnehmung als Bildungs- und breit aufgestellte Kulturstätte.

Im Heilmeierhof war Jahrzehnte die Trachtenberatung des Bezirks Niederbayern beheimatet. Seit 1982 hielt dort die Schneidermeisterin Franziska Rettenbacher aus Simbach am Inn ihre Beratungstage ab, in Stickkursen gab sie ihr Wissen und Können an junge Menschen weiter. Der Trachtenverein D’Rottaler Massing, der das Museum seit den Gründungtagen begleitet, und die Massinger Goldhaubengruppe führen die Traditionspflege der Trachtenberaterin fort.

Im Jahr 1998, noch unter dem Vorsitz von Bezirkstagspräsident Sebastian Schenk (1929–1998), wurde der Kauf der Görgenmannsölde („Beim Girgnma“) für das Freilichtmuseum Massing eingeleitet. Dieses ehemalige Hafnerhaus „auf dem Kröning“ sollte in das Ensemble bei der Marxensölde eingebracht werden. Aber erst 2018, als der Museumsleiter eine Förderung aus EFRE-Städtebaufördermitteln der EU erwirkt hatte, konnte eine Übertragung ins Museum begonnen werden.

Am 21. Juli 2018 war der vorläufige Höhepunkt der Maßnahme: Zwei Großbauteile, tags zuvor am alten Standort des Hauses in Kleinbettenrain verladen, wurden auf Tiefladern in Massing vorgefahren. Noch im selben Jahr begann im Museum der Wiederaufbau, 2021 soll das Haus eröffnet werden, 26 Jahre nach dem Abschluss der Errichtung des Lehnerhofs, der letzten größeren Übertragungsaktion des Freilichtmuseums Massing.

Bildunterschrift:
2018 begann die Übertragung der Görgenmannsölde. Das ehemalige Kröninger Hafnerhaus hat das Museum bereits 1999 erworben, fast zwei Jahrzehnte war es aber nicht gelungen, die Translozierung zu finanzieren. Umso spektakulärer war der Start: Das Blockbauoberschoss wurde im Juli 2018 in zwei großen Teilen auf Tiefladern ins Museum gebracht.