Neues Leben in alten Mauern

Mehrgenerationenhof im Ortskern soll auch das Dorf beleben

Niederhausen. Ein historisches, leerstehendes Gebäude in einem Ortskern, das von Jahr zu Jahr stärker verfällt, ist leider kein seltener Anblick in Niederbayern. Dementsprechend groß fällt dann die Freude aus, wenn ein solches ortsbildprägendes Haus einen neuen Besitzer findet, der das Baudenkmal liebevoll renoviert. Das war der Grund, warum Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich am Mittwoch die Ortschaft Niederhausen, Gemeinde Reisbach im Landkreis Dingolfing-Landau, besuchte. Dort hatte voriges Jahr Richard Seis aus Osterhofen zusammen mit seinem Schwager Anton Schweiger den Schreimerhof, einen Dreiseithof erbaut 1836, von der Gemeinde erworben und baut nun 16 Mietwohnungen ein.
Als Richard Seis und sein Architekt Josef Rosner dem Bezirkstagspräsidenten aber ihr Gesamtkonzept für das 4.000 Quadratmeter-Gelände erläuterten, wurde die Freude gleich noch größer. Denn der Schreimerhof soll nicht nur ein gewöhnliches Wohnhaus werden, sondern ein Mehrgenerationenhof, in dem sowohl junge Familien als auch Senioren zuhause sind und gemeinsam den großzügigen Innenhof nutzen. Haustiere sind erlaubt und auch ein paar Nutztiere will der Hausbesitzer anschaffen, die auf der Fläche hinter dem Hof weiden. Um sie kümmern sich die Bewohner gemeinsam, ebenso wie um den Gemüsegarten. An Ideen mangelt es nicht. Vom Brot backen und kleinen Handwerkskursen über einen Hofladen, in dem die Erzeugnisse verkauft werden, bis hin zu einer Ausstellung für Altholzmöbel samt ökologischem Baustoffhandel spricht Seis.
„Ich sei ein ‚Narrischer’ meinten die Nachbarn anfangs“, erinnert sich der Besitzer. „Aber meine Leidenschaft für denkmalgeschützte Häuser ist schon ein wenig narrisch“, gibt er zu. 20 Jahre lang war er Außendienstmitarbeiter einer Baustofffirma bis er beschloss, selbstständig zu arbeiten und alten Häusern neues Leben einzuhauchen. Dabei legt er großen Wert auf ökologische Baustoffe wie Jutedämmung, Lehmputz oder Massivholz. Die Fassade zur Straßenseite hin ist bereits renoviert, aber noch ist der Hof eine Baustelle. Die Wohnungen im Haupthaus werden im Mai 2018 bezugsfertig sein, acht der zehn Wohnungen sind bereits vermietet.
Beim Rundgang durch die Räume, die im Erdgeschoss ein böhmisches Gewölbe haben, im Obergeschoss mit Stuck verziert sind, hob Bezirkstagspräsident die besondere Wohnqualität in einem solch historischen Gebäude hervor. Mit seinen Besuchen bei Baudenkmälern will er einen Beitrag dazu leisten, dass in der Öffentlichkeit die Vorzüge dieser Häuser stärker wahrgenommen werden. „Es ist uns ein Anliegen, dass Niederbayern sein Gesicht nicht verliert. Deshalb fördert der Bezirk jährlich mit insgesamt 650.000 Euro diverse Einzelmaßnahmen“, so Olaf Heinrich, der sehr angetan war vom Schreimerhof. „Das ist ein Glücksfall für die Gemeinde.“ Der Reisbacher Bürgermeister Rolf-Peter Holzleitner, der demnächst auf einen Schwung viele Neubürger (darunter zwölf Kinder) bekommt, stimmte dem natürlich zu. Die neuen Bewohner kommen übrigens aus ganz Deutschland, aus München und Würzburg ebenso wie aus Hamburg und von der Ostsee. „Die älteren Interessenten wollen nicht alleine in ihrer Wohnung sitzen, sondern in einer Gemeinschaft leben. Die jungen Familien wollen ihrem Nachwuchs eine Kindheit auf dem Land ermöglichen“, sagt Seis, der damit nicht nur für eine Neubelebung des Dorfes Niederhausen sorgt, sondern auch für Neubürger in Niederbayern.

Im Bild: Der Reisbacher Bürgermeister Rolf-Peter Holzleitner (v.l.), Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Architekt Josef Rosner, Eigentümer Richard Seis und dessen Neffe Christoph Schweiberger bei der Besichtigung.