Landshut. Der Zwiefache, der erst vor wenigen Wochen in das bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden war, erfährt auch auf nationaler Ebene Beachtung: Der Zwiefache wurde nun in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder hatten den Antrag auf Würdigung des Zwiefachen als immaterielles Kulturerbe initiiert, das Kulturreferat des Bezirks Niederbayern hatte einen entsprechenden Antrag gestellt.
Das nationale Expertenkomitee aus Vertretern der deutschen UNESCO-Kommission und der Kultusministerkonferenz würdigte den Vorschlag als überregional identitätsstiftende Kulturform, die in großer Vielfalt und Lebendigkeit existiert und generationsübergreifend begeistert. Positiv hervorgehoben wurde vor allem auch die kreative Methode zur Einbindung der Kulturträgergemeinschaft in das Antragsverfahren. Das Kulturreferat des Bezirks Niederbayern hatte einen entsprechenden Antrag stellvertretend für eine breite Trägerschaft aus der Volksmusik- und Volkstanzszene gestellt. Eine unter Musikanten aus ganz Bayern durchgeführte Umfrage hatte im Vorfeld bestätigt, dass die Musikgattung „Zwiefacher“ im aktuellen Repertoire von Instrumentalmusik- und Gesangsgruppen fest verankert ist und auch auf Volkstanzveranstaltungen und Musikseminaren regelmäßig praktiziert wird. Dies beeindruckte auch das nationale Expertenkomitee: „Die überregionale Verbreitung, die breite Akzeptanz und Präsenz des Zwiefachen in der Bevölkerung sowie der inklusive Charakter dieser Kulturform sind bemerkenswert“, heißt es im offiziellen Schreiben.
Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder, der die Antragstellung initiiert und in den vergangenen beiden Jahren begleitet hatte, freut sich über so viel Lob. „Für das Kulturreferat des Bezirks Niederbayern ist diese Auszeichnung die Anerkennung solider fachlicher Arbeit“, so Dr. Seefelder. „Die Beschäftigung mit kulturellen Themen aller Art ist für uns selbstverständlich von Interesse und beruflicher Alltag. Der Zwiefache, der sich zu allen Zeiten wandlungsfähig zeigte, forderte regelrecht dazu heraus, ihn als immaterielles Kulturerbe vorzuschlagen.“
Beim Zwiefachen handelt es sich um eine überlieferte, typische bayerisch-böhmische Musikgattung, die sowohl musiziert, getanzt als auch gesungen wird. Seine Besonderheit besteht im unregelmäßigen Wechsel zwischen Dreivierteltakt (Walzer) und Zweivierteltakt (Dreher). Zu den bekanntesten Beispielen gehören etwa „Unser oide Kath“ oder „Leit, Leit, Leitl miasst’s lustig sei“.
Der früheste Quellennachweis im bayerischen Raum wird auf um 1740 datiert, der älteste Begriffsbeleg stammt von 1780. In zahlreichen erhaltenen Musikhandschriften verdichten sich die Belege seit dem frühen 20. Jahrhundert. Seit den 1930er Jahren wird der Zwiefache auch durch die einsetzende Volksmusikbewegung gepflegt und lässt sich seither im Repertoire zahlreicher Musikgruppen nachweisen. Er ist gegenwärtig in ganz Bayern sowie darüber hinaus äußerst populär und wird sowohl in der traditionellen Volksmusik als auch im modernen musikalischen Stilmix praktiziert.
Das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes besteht auf Basis eines Unesco-Übereinkommens, ist aber nicht mit dem Unesco-Weltkulturerbe zu verwechseln, das nur Baudenkmäler, Stadtensembles, Kultur- und Naturlandschaften umfasst. Als Immaterielles Kulturerbe werden lebendige Traditionen, Ausdrucksformen, menschliches Wissen und Können sowie darstellende Künste in aller Welt dokumentiert. Sie sollen von den jeweiligen Gemeinschaften mit Unterstützung der Staaten und der UNESCO erhalten werden. Im Bundesweiten Verzeichnis befinden sich derzeit 68 Einträge. Weitere Informationen dazu gibt es unter www.unesco.de/immaterielles-kulturerbe. Mit dem Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes wird den vielfältig gelebten Traditionen die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt, die aktuell den „Zwiefachen“ ins Rampenlicht rückt.
Foto oben: Der Zwiefache: Seine Besonderheit besteht im unregelmäßigen Wechsel zwischen Dreivierteltakt (Walzer) und Zweivierteltakt (Dreher)
Bild unten Notenblatt: Zwiefachenmelodien werden durch zahlreiche Aufzeichnungen von Musikanten aus ganz Bayern überliefert – hier eine Handschrift von Josef Schwertl aus dem niederbayerischen Mirskofen, Lkr. Landshut, notiert in den 1930er Jahren.