Deggendorf. Zahlreiche Besucher hatten sich am Dienstagabend in der Deggendorfer Stadtbibliothek eingefunden, um den ersten Band einer neuen Schriftenreihe des Bezirkes Niederbayern kennenzulernen. Das Buch "Ein Herz und viele Seelen – 1250 Jahre Klosterleben in Metten" beleuchtet die spannende Geschichte des Benediktinerklosters. Geschrieben hat es Gerhard Ruhland, Kreisheimatpfleger des Landkreises Freyung-Grafenau, Lehrer und Autor. In seiner eineinhalbstündigen Lesung unternahm der Autor mit den Gästen eine Zeitreise durch die Klostergeschichte. Sabine Binder (Gitarre) und Maria Zwerschke (Querflöte) von der Berufsfachschule für Musik in Plattling umrahmten die Lesung musikalisch. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich führte in das Werk ein.
Warum gibt der Bezirk Niederbayern ein Buch über das Kloster Metten heraus? Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich erklärte: "Wir wollen die kulturelle Identität fördern und zeigen, wie Niederbayern entstanden ist und was es ausmacht." Die Benediktiner des Klosters Metten haben die Region geprägt, gestaltet und das Land erschlossen. Die Strahlkraft des Klosters sei enorm gewesen: "So gibt es beispielsweise in Regen ein Gewerbegebiet, das Metten heißt." Ein weiterer Grund ist für Dr. Olaf Heinrich: Ein Festigen der Werte und Traditionen sei in Zeiten der Zuwanderung unerlässlich. Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, haben Heinrich zufolge klare Regeln, Werte und Traditionen. "Wir müssen den Menschen vermitteln, dass es dies auch in unserem Land gibt. Unsere Gesetze allein reichen nicht – wir müssen Traditionen und Werte, die auch tatsächlich gelebt werden, sowie ein gelebtes Geschichtsbewusstsein vermitteln. Die Zuwanderer brauchen ein möglichst klares Gegenüber, an dem sie sich orientieren können." Einen Beitrag dazu solle die neue Schriftenreihe leisten.
Autor Gerhard Ruhland stellte nach der Begrüßung Heinrichs kurzweilig das Buch vor. So besagt eine Legende, dass der Einsiedler Utto, ein Geistlicher im 8. Jahrhundert, ein Beil geworfen habe und er an der Stelle, an dem es in einer mächtigen Eiche einschlug, ein Kloster gründen wollte. Frankenkönig Karl, später Kaiser Karl der Große, habe ihm diesen Wunsch gewährt, weil er ihm den Weg gewiesen habe aus den Wäldern, in denen sich der Adelige verlaufen hatte. Das Beil sei vier Kilometer weit geflogen, und genau dort sei Metten entstanden. Soweit die Legende. In Wahrheit habe nicht Utto das Kloster gegründet, sondern Gammelbert, der in Michaelsbuch als Geistlicher gewirkt hatte, so Gerhard Ruhland. Die Gründe zur Gründung und zur Ortswahl sind laut Ruhland nicht bekannt. Es werde jedoch vermutet, dass Gammelbert den vom Vater geerbten Besitz sichern wollte. Er organisierte sich ein Waldstück im heutigen Metten und musste dafür Steuer zahlen: Und die hieß Medema. Theorien sagen, dass sich von diesem Wort der Name Metten ableitet. Es gibt aber auch noch eine zweite Erklärung, so Ruland: "Am Kloster fließt der Perlbach vorbei. Und die allgemeingültige Bezeichnungen für einen Bach war das Wort Medem."
Utto war also nicht der Gründer des Klosters, aber er war der erste Abt. Auch Karl der Große war, wie im Mittelalter weit verbreitet, nicht der Klostergründer, wohl aber ein Förderer, der dem anfangs sehr ärmlichen Konvent ein Waldstück bei Teisnach schenkte, das sich wenig später allerdings die Grafen von Bogen einverleibten.
Gerhard Ruhland erzählte von Glanzzeiten, aber auch von dunklen Epochen des Klosters. In seinem Buch hat er 20 Persönlichkeiten kurz portraitiert, die besonders wichtig für die Geschichte des Klosters waren: "Jeder einzelne hat mich zutiefst beeindruckt, und ich konnte bei weitem nicht über alle schreiben." Eindruck hinterlassen hat Abt Korbinian Hofmeister, der von 1929 bis 1966 dem Kloster vorstand. Er sei im Dritten Reich ein erbitterter Widerstandskämpfer gegen die Nazis gewesen und habe sich in Ettal und in Metten mehrmals mit dem lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer getroffen, der am deutschen Widerstand maßgeblich beteiligt war. 1943 sei Abt Korbinian Hofmeister von der Gestapo verhaftet und ins KZ Dachau gebracht worden, in die gefürchtete Abteilung "Sonderhäftlinge." Hofmeister war bis zum Kriegsende im Konzentrationslager, überlebte aber.
Ein dunkles Kapitel sei auch die Säkularisation 1803 gewesen, bei der der ganze Klosterbesitz in Einzelteilen für einen Spottpreis verkauft worden war, inklusive der wertvollen Bücher aus der barocken Bibliothek. Viel Geld gebracht hätten nicht Kunstwerke, sondern die 20 zinnernen Nachttöpfe der Mönchen sowie Stoffe und Bettzeug. Als erstes Kloster nach der Säkularisierung sei Metten wieder aufgebaut worden und das Leben florierte bald wieder. Dazu trug auch das Bierbrauen bei. Die Mönche brauten für den Eigenbedarf und für den Verkauf. Jedem Angestellten habe eine feste Menge an Bier zugestanden: "Für manche gab es die erste Maß bereits um 7 Uhr morgens und ihnen wurden insgesamt sieben Maß zugestanden. Bier galt als Lebensmittel." Umso bitterer, dass eine gesamte Sudpfanne voller Bier 1888 ungenießbar wurde, weil der Bernhardiner eines Wirtes in den Topf ohne Deckel geplumpst war. "Das Bier, das nicht mehr verkauft werden konnte, wurde den Mastochsen gegeben - es war ein Fest für die Tiere", machte Ruhland seinen gebannten Zuhörern Lust auf viele weitere Episoden aus "Ein Herz und viele Seelen". "Wer die Details nachlesen möchte, dem sei das Buch wärmstens empfohlen, in dem Gerhard Ruhland die Geschichte des Klosters fesselnd, spannend und gut lesbar erzählt", so Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich.
Im Bild: Stellten das neue Buch "Ein Herz und viele Seelen" über das Kloster Metten vor: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (rechts) und der Autor Gerhard Ruhland (links) mit Sabine Binder (2.v.l.) und Maria Zwerschke, die die Lesung musikalisch umrahmten.