Große Sorgen und kleine Freuden

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich tauscht sich mit Vertretern der AWO aus

Landshut/Passau. Wie alle anderen Wohlfahrtsverbände stellt die Corona-Pandemie die Arbeiterwohlfahrt (AWO) vor große Herausforderungen. Laut Siegfried Depold, Vorsitzender des Bezirksverbands Niederbayern/Oberpfalz, ist die Situation besonders bei den Pflegekräften „sehr angespannt“. Das Personal sei auch wegen des Besuchsverbots in den Heimen („Viele Bewohner leiden darunter, dass sie keinen Kontakt mehr nach außen haben und brauchen jetzt besonders viel Trost und Zuwendung“) und einer steigenden Zahl an Krankmeldungen stark belastet. Depold lobte die Solidarität und den Zusammenhalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihren Dienst allen Schwierigkeiten zum Trotz loyal verrichten und persönliche Sorgen um die eigene Gesundheit und die ihrer Familie nicht selten hintanstellten.
 
Umso wichtiger sei es, dass sowohl die stationäre als auch die ambulante Pflege ausreichend mit entsprechender Schutzkleidung, Gesichtsmasken und Desinfektionsmitteln versorgt werde. Es könne nicht sein, dass sich Pflegende nach einer Anleitung aus dem Internet ihre Atemschutzmasken selbst nähen müssten, weil keine Ware für die, die sie am nötigsten benötigen, verfügbar sei. Die Krise verlange Heimleitern wie Beschäftigten ganz viel Flexibilität ab, sagte Depold. Er sei stolz darauf, wie diese mit der aktuellen Situation umgehen. Rund 2600 Beschäftigte arbeiten in Ostbayern für die AWO - allein 1820 in 21 stationären Pflegeeinrichtungen. 13 Pflegeeinrichtungen befinden sich in Niederbayern zwischen Landshut, Pocking und Passau.
 
Weitere Themen eines Fachgesprächs mit Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich waren der Engpass beim Pflegepersonal vor allem in Ballungsräumen. Depold und die stellvertretende Bezirksvorsitzende Michaela Grashei skizzierten die Situation in der Region. Depold zeigte sich besorgt, dass die Quote der Sozialhilfeempfänger in den Pflegeeinrichtungen zum Teil sehr hoch ist. In Vilshofen liegt sie beispielsweise bei 42 Prozent der Heimbewohner. In der Folge steigt auch bei der Sozialverwaltung des Bezirks Niederbayern die Zahl der Anspruchsberechtigten der Leistung „Hilfe zur Pflege“. Depold lobte ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit dem Bezirk - auch im Kinder- und Jugendbereich. Der Bezirksvorsitzende der AWO sagte, eine Reform der Pflegeversicherung sei dringend erforderlich. Das Ziel sei eine Übernahme der reinen Pflegekosten und eine Deckelung des Eigenanteils.

Der Bezirkstagspräsident würdigte das Engagement der AWO für die Schwächeren der Gesellschaft und hob die gemeinsamen Interessen mit dem Bezirk hervor. Dies gelte gerade auch für den Wunsch nach richtigen, möglichst unbürokratischen gesetzlichen Weichenstellungen für die Pflege. Heinrich: „Allen Leitenden und Beschäftigten zolle ich in diesen herausfordernden Zeiten tiefsten Respekt. Nur weil Sie Verantwortung übernehmen und Tag für Tag an ihre Grenzen gehen, funktionieren die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege auch im Krisenmodus. Ohne Menschen wie Sie würde unser Gesundheits- und Sozialsystem nicht so gut funktionieren.“

Depold erzählte, dass es auch in Krisenzeiten durchaus kleine Freuden gibt. Über Facebook hatte die Mutter einer Mitarbeiterin des AWO Seniorenheims Betty Pfleger in Passau einen Aufruf gestartet: Kinder, die Zeit und Lust dazu haben, sollten für die Heimbewohnerinnen und -bewohner einen Brief schreiben oder ein Bild malen. Eine Dame hat sich so darüber gefreut, dass sie dem Mädchen, dessen Brief sie bekam, sofort geantwortet hat. Heimleiterin Elisabeth Ljubisic und viele Seniorinnen und Senioren würden sich freuen, wenn dieses Beispiel Schule machen würde.

Die AWO in Bayern feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Die Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin Marie Juchacz hatte die Arbeiterwohlfahrt 1919 gegründet. Ein Jahr später gab es die ersten Ortsvereine im Freistaat.

Im Bild: Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (links)  traf Siegfried Depold, Vorsitzender des Bezirksverbands Niederbayern/Oberpfalz, und dessen Stellvertreterin Michaela Grashei zu einem Fachgespräch.
Das Bild entstand vor den Einschränkungen durch die Corona-Krise.
Foto: Bezirk Niederbayern/Knott